#Barockstars in Rom

Wir schreiben das Jahr 1608. Perugia. Bei Nacht und Nebel machen sich Gesandte aus Rom daran, ein Kunstwerk zu stehlen. Kardinal Scipione Borghese hat sie geschickt, um die Grablegung Christi von Raffael nach Rom zu holen.

Neuer und alter Nabel der Welt

Rom war um 1600 zum Nabel der Kunstwelt geworden. Zahlreiche italienische Künstler zog es auf der Suche nach Glück und Prestige in die Stadt: Caravaggio kam 1592 aus Mailand, Bernini traf 1606 noch als Kind mit seinem Vater aus Neapel ein. Die Carracci kamen aus Bologna, die Gentileschi aus der Toskana und viele mehr strömten von überall her nach Rom.

Mit dem gestohlenen Raffael aus Perugia wollte Kardinal Borghese seine Kunstsammlung aufwerten. Denn für jede seriöse Sammlung war ein Hauptwerk Raffaels unverzichtbar. Aber wie konnte Scipione damit ungeschoren davonkommen? Ganz einfach: Sein Onkel war zu der Zeit Papst und hat die Aktion im Nachhinein als rechtens befunden.

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Raffael,
Grablegung Christi (Urbino 1483-1520 Rom)
1507.
Holz
184 × 176 cm.
Rom,
Galleria Borghese
Inv.-Nr. 170

Diese Vetternwirtschaft ist auch als „Nepotismus“ bekannt und war in Rom gang und gäbe. Die Päpste machten ihre Neffen zu Kardinal-Nepoten und regierten damit im Familieninteresse. Vor allem die Borghese waren dafür bekannt. Sie hatten großen Einfluss auf die Kunst ihrer Zeit. Die Villa Borghese in Rom, erbaut von Kardinal Scipione, ist heute ein bedeutendes Museum.

Die räumliche Nähe beflügelte den Austausch unter den Künstlern

Annibale Carracci war schon 1594 nach Rom gekommen. Auch er war ein großer Anhänger Raffaels. Carracci wandte seiner Geburtsstadt Bologna und dem dort aufstrebenden Manierismus den Rücken zu. Rom wurde von ihm und vielen anderen Künstlern vor allem wegen seiner antiken Wurzeln geschätzt.

Die Künstler lebten in steuerbegünstigten Vierteln: Santa Maria del Popolo, San Lorenzo in Lucina und Sant'Andrea delle Fratte. Allein diese räumliche Nähe beflügelte den Austausch unter ihnen. Aber es kam natürlich auch zu Auseinandersetzungen. Es wurde um die Gunst der Kardinäle und Mäzene gestritten.

An der Accademia di San Luca, der Akademie der Künste, kam es 1603 sogar zu einem Prozess durch Baglione gegen Caravaggio. Denn der junge Künstler hatte nur Spott übrig für Baglione, der ihn eigentlich künstlerisch sehr schätzte.

Caravaggios Anziehungskraft wurde durch solche Auseinandersetzungen aber nur verstärkt. Er war in ganz Europa bekannt. Eine wesentliche Rolle spielten dabei seine öffentlich sichtbaren Gemälde: unter anderem die Leinwände in San Luigi dei Francesi und in der Cerasi-Kapelle in Santa Maria del Popolo. Mit diesen Werken schrieb Caravaggio Geschichte.

Auf das Heilige Jahr 1600 bereitete man sich besonders vor: Päpste und Kardinäle wollten die frühchristlichen Basiliken neugestalten. Für Künstler gab es viel zu tun. Einige von ihnen machten gleichzeitig als Maler, Bildhauer und Architekten Karriere.

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Caravaggio,
Bekehrung des Saulus
1602
Leinwand, 230 × 175 cm.
Rom, Santa Maria del Popolo, Cerasi-Kapelle
© bpk | Scala

In den Künsten wehte ein neuer Wind. Die Gläubigen sollten bewegt werden durch lebendige, emotionale Darstellungen von Heiligen. Vor allem neue Orden, die kurz vor und nach dem Konzil von Trient entstanden waren, spielten hier eine wichtige Rolle: Oratorianer, Jesuiten und Theatiner. Und auch abseits der Heiligendarstellungen gab es neue, originelle, phantastische und experimentelle Bildprogramme: Engel, die auf Adlern oder Drachen reiten, Elefanten, die Obelisken tragen, und vieles andere.

Es waren zwei wesentliche Neuheiten, die von Rom aus europäische Dimensionen erreichten: der neue Sinn für die Wirklichkeit und die Darstellung von Emotionen. In der Ausstellung Caravaggio & Bernini wird eben dieser Kern der barocken Kunst Roms freigelegt.

Hauptwerke sind dafür aus aller Welt angereist und erwecken in einer spektakulären Schau das Rom von damals zum Leben.